Krankenhäuser sollen für Ausländer attraktiver werden

Seine Erfahrung beim Besuch eines Arztes in einem Krankenhaus in Pudong im vergangenen Jahr war für Bill, einen in Shanghai arbeitenden Australier, unvergesslich und unangenehm.

Der chinesische Arzt schien sich für die Krankheit an sich überhaupt nicht zu interessieren, dagegen um so mehr für sein Leben. Der Arzt erkundigte sich nach der bisherigen Länge seines Aufenthaltes in Shanghai und nach seinem Beruf, erinnert sich Bill in seinem Interview mit "China Daily".

Nachdem die lange Befragung ein Ende gefunden hatte, wurde Bill ein kleiner Plastikbecher in die Hand gedrückt. Die Entnahme von Stuhl zur Untersuchung war die einzige Anweisung des Arztes, die erfolgte. Seit zwei Tagen litt der Patient bereits an Diarrhoe, so dass der Darm fast oder gänzlich leer war. Als Bill endlich die Funktion des kleinen Bechers kapiert und den Test gemacht hatte, fasste er den Entschluss, niemals wieder Fuß in ein lokales Krankenhaus zu setzen.

Offizielle Zahlen belegen, dass in Shanghai über 200.000 Ausländer leben und arbeiten. Mit über 600 Krankenhäusern ist die Stadt medizinisch reich versorgt. Doch maximal 20 Krankenhäuser verfügen über einen speziellen Service für Expats.

Das öffentliche Gesundheitswesen der Stadt bewies im Jahr 2002 seine Fähigkeit im Umgang mit SARS, doch sind die Gesundheitsdienste für viele Expats noch immer in einem besorgniserregenden Zustand.

Laut dem von der Amerikanischen Handelskammer der Volksrepublik China und der Amerikanischen Handelskammer in Shanghai herausgegeben Weißbuch, hinkt das Shanghaier Gesundheitssystem weit hinter dem anderer Länder her, mit denen Shanghai um ausländische Bürger und Investitionen wetteifert.

Sanitäreinrichtungen, die Kontrolle der Hygiene und Personalstandards in den lokalen Krankenhäusern bleiben hinter den internationalen Normen zurück. Ausländische Beteiligungen in diesem Bereich fielen aufgrund verwirrender und nachteiliger Investitionsgesetze nur spärlich aus.

Die Expats genießen denselben Gesundheitsdienst wie ihre chinesischen Mitbürger. Sie können jedes lokale Krankenhaus aufsuchen und bezahlen das gleiche wie die Shanghaier, so Song Guofan, Sprecher des Shanghaier Gesundheitsamtes.

Das Problem liegt jedoch im Service und in der Verwaltung der lokalen Krankenhäuser, in den langen Wartezeiten, der unzureichenden Kommunikation mit den Ärzten aufgrund sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten, den komplizierten Zahlungsmodalitäten und der unangenehmen Krankenhausatmosphäre, in der z.B. Privatsphäre und Datenschutz im Grunde nicht vorhanden sind.

Die Einstellung der Krankenschwestern und Ärzte in den lokalen Krankenhäusern sei nicht unbedingt positiv, die Leistung liege unter dem internationalen Standard, klagt Stephen Lin aus Hong Kong. Einmal schickte Lin seine Tochter in eine lokale Kinderklinik. Dort verschrieb ihr der Kinderarzt eine Menge Medikamente, darunter auch viele Antibiotika, die für die Behandlung des leichten Hustens des Kindes gänzlich ungeeignet waren. Die Krankenschwestern gaben darüber hinaus keinerlei Anleitung, wie ihre Tochter die bitterschmeckenden Pillen einnehmen könne, erklärt Lin.

Wie Professor Wu Jinglie, Verwaltungsleiter an der Shanghaier Fudan-Universität, auf einer Konferenz über eine international wettbewerbsfähige Verwaltung im Gesundheitswesen in Shanghai erklärte, können sich öffentliche Krankenhäuser mit den lediglich beschränkten Zuschüssen durch die Regierung die Beschäftigung einer ausreichenden Zahl an Krankenschwestern nicht leisten. Auch die Englischkenntnisse lokaler Ärzte seien oft unzureichend. Die Expats dagegen wüssten nur wenig über die Fähigkeiten chinesischer Ärzte, die sich auf vielen Gebieten der Medizin auskennen.

Laut Peter Kappert, Geschäftsführer der Schweizer Sonnenhof AG, die sich auf die Verwaltung von Krankenhäuser spezialisiert hat, können sich die Patienten in manchen Krankenhäusern wie in einem Fünf-Sterne-Hotel fühlen, mit einer schönen Atmosphäre, umfangreichen Informationen und der Pflege durch Schwestern. In den öffentlichen Krankenhäusern führe häufig eine schlechte Verwaltung zu einem schlechten Service.

Häufig bevorzugen Expats die VIP-Abteilungen in den großen Krankenhäusern oder Joint-Venture-Kliniken, doch derartige Einrichtungen sind eher knapp und die Kosten dafür liegen weit über denen normaler Krankenhäuser.

Die Kosten in den Joint-Venture-Kliniken seien unverhältnismäßig hoch. Er habe einmal insgesamt 3.200 Yuan (386 USD) für einen einfachen Herz- und Bluttest bezahlt, was das Mehrfache der Preise lokaler Krankenhäuser sei, erzählt ein Deutscher, der den Namen des Krankenhauses nicht nennen möchte.

Die unzureichende Nachfrage nach einer medizinischen Versorgung von Seiten der Expats beeinflusst nicht nur das Investitionsklima der Stadt, sondern bewirkt auch, dass dem lokalen Arbeitsmarkt mit seiner Fülle an Arbeitskräften eine Sparte versagt bleibt, da sich viele Expats in Hong Kong oder in der Heimat behandeln lassen.

Die Stadt strebt einen weiteren Ausbau ihres internationalen Status an. Bisher kommen mindestens 5 Prozent der 16 Millionen Bevölkerung aus anderen Ländern. Für Anbieter medizinischer Dienstleistungen könnte sich hier ein riesiger Markt auftun. Analysten plädieren für die weitere Öffnung des Gesundheitswesens für ausländische Anbieter in Shanghai, die mit ihren Ressourcen, ihrer Erfahrung und ihrem Fachwissen das Gesundheitswesen der Stadt bereichern könnten.

Laut Thomas Zeltner, Leiter der Schweizer Gesundheitsbehörde, sorgen private Gesundheitseinrichtungen mit Flexibilität und einer verbesserten Verwaltung für neuen Wind. Darüber hinaus könne ein Gesundheitswesen mit einer guten Mischung aus privaten und öffentlichen Einrichtungen jedermann den benötigten Service bieten.

Auf einer Konferenz Anfang dieses Jahres erklärte die Sprecherin der Stadtregierung, Jiao Yang, dass sowohl ausländische als auch private Kapitalinvestitionen in allen Bereichen des Gesundheitswesens willkommen seien. Shanghai wurde vom Gesundheitsministerium für ein Pilotprojekt für ausländische Gesundheitsdienste ausgewählt. Die im Jahr 2003 gegründete "Internationale Medizinzone" in Shanghai soll mehr ausländische Anbieter aus diesem Bereich anlocken.

Anfang dieses Jahres genehmigte die Shanghaier Kommission für Auslandsinvestitionen zwei weitere Joint-Venture-Krankenhäuser. Bis Ende des Jahres wird das Shanghai United Family Krankenhaus in Hongqiao eröffnen. Dieses Krankenhaus wurde von der Shanghaier Zentralklinik des Bezirkes Changning und der American Chindex International Inc. finanziert.

Die politischen Richtlinien sind nach wie vor restriktiv. 100-prozentige Auslandsinvestitionen sind verboten, so dass ausländische Investoren maximal einen Anteil von 70 Prozent an einem Joint-Venture-Krankenhaus erwerben können. Außerdem ist ein Investitionsminimum von 2,4 Millionen USD Bedingung.

Große Kliniken, wie beispielsweise die Huashan-Klinik suchen bereits aktiv die Kooperation mit ausländischen Partnern, wie der Harvard Medical School oder der John Hopkins University. Ziel ist die Verbesserung der Verwaltung und der medizinischen Praxis. Neben einer Verbesserung der Verwaltung unterliegt auch das medizinische Ausbildungswesen für Krankenschwestern und Allgemeinärzte einem Wandel. Die positiven Auswirkungen werden jedoch erst in einigen Jahren zu spüren sein.

Mit einem geringeren Kostenniveau wollen die Direktoren der lokalen Krankenhäuser um mehr Expats und Touristen werben.

(Shanghai Star/Übersetzt von China.org.cn, 15. Dezember 2004)