China und Indien nehmen Grenzhandel wieder auf

China und Indien sind am Sonntag übereingekommen, ab dem 6. Juli den vor 44 Jahren eingestellten Grenzhandel am Nathu La Pass wieder aufzunehmen.

Vertreter beider Seiten haben am Sonntag in Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibet, ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet.

Der Nathu La Pass liegt auf 4545 Metern Höhe und ist 460 Kilometer von Lhasa und 550 Kilometer von der indischen Hafenstadt Kalkutta entfernt. Der Pass ist eine historisch wichtige Handelsbrücke zwischen beiden Ländern.

Es wird erwartet, dass die Wiedereröffnung des Passes zu einem starken Aufleben des bilateralen Handels zwischen den beiden bevölkerungsreichen Ländern führt.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden 80 Prozent des gesamten Grenzhandels zwischen China und Indien über diesen Pass abgewickelt. Der Pass wurde 1962 nach einem Grenzkonflikt geschlossen.

"Die Wiedereröffnung des Grenzhandels wird die wirtschaftliche Isolierung in dieser Region beenden und bei der Förderung der Marktwirtschaft hier eine Schlüsselrolle spielen", sagt Hao Peng, stellvertretender Vorsitzender des autonomen Gebiets.

"Die Wiederaufnahme des Grenzhandels ist ein historisches Ereignis, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch bei der Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden großen Ländern", sagt Doktor Christy Fernandez, Sekretärin beim indischen Handelsministerium.

Durch die Unterzeichnung des Abkommens über den Grenzverlauf zwischen beiden Ländern 2005 sei ein friedfertiges Klima geschaffen worden, sagt Liu Jiangyong vom Institut für internationale Studien bei der renommierten Tsinghua Universität.

Beide Seiten haben das Jahr 2006 zum Jahr der chinesisch-indischen Freundschaft ernannt.

Über 5000 Anwohner des Gebiets kommen jährlich zum handeln in den Landkreis Yadong, in dem der Pass liegt, obwohl der Handelsknotenpunkt nicht offiziell geöffnet ist, geht aus Statistiken des Landkreises hervor.

China und Indien hatten im Jahr 2004 eine Absichtserklärung über die Wiederaufnahme des Grenzhandels am Nathu La Pass unterzeichnet. Im folgenden Jahr hatte der chinesische Staatsrat die Einrichtung von Handelsmärkten in Yadong genehmigt.

Das Handelsvolumen zwischen China und Indien betrug im Jahr 2005 insgesamt 18,7 Milliarden US-Dollar, eine Zunahme um 37,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, gibt das Handelsministerium an. In diesem Jahr wird der Handel die 20 Milliarden US-Dollar Grenze überschreiten.

Gegenwärtig wird der Großteil des Handels zwischen beiden Ländern über das Meer abgewickelt. Tibet im- und exportiert nach Indien über Tianjin, eine nordchinesische Hafenstadt die Tausende von Kilometern von Tibet entfernt liegt.

Es wird erwartet, dass besonders Tibet von der Wiederaufnahme des Grenzhandels profitieren wird. Würden nur 10 Prozent des chinesisch-indischen Handels über Tibet abgewickelt, entspräche dies einem Volumen von rund 1 Milliarde US-Dollar. Das gesamte tibetische Handelsvolumen lag im vergangenen Jahr bei 200 Millionen US-Dollar, erklärt Hao Peng.

Tibet habe in den vergangenen fünf Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum seines Bruttoinlandsprodukts von über 12 Prozent eine schnelle wirtschaftliche Entwicklung erlebt, sagte der Vorsitzende des autonomen Gebiets, Qiangba Puncong, bei einem Treffen Ende vergangener Woche mit einer indischen Handelsdelegation unter Leitung von Christy Fernandez.

Mit der Wiedereröffnung des Passes könnten Eisenerz und Vieh aus Indien sowie Wolle, Gewürze und elektrische Geräte aus China über diese Abkürzung transportiert werden, sagt Hao.

Als China im Jahr 2005 den Bau von Grenzmärkten in Yadong erlaubte, begannen sich Geschäftsleute für die Region zu interessieren.

Wang Ping, Leiter der Regierung des Landkreises Yadong, sagt, im ersten Quartal des Jahres seien über 30 Geschäftsleute nach Yadong gekommen, um über Investitionen zu verhandeln. Im selben Zeitraum des Vorjahres seien nur zwei oder drei dort gewesen.

(China.org.cn, Xinhua, 21. Juni 2006)