Experten: Verbindung zwischen Lebensmittelsicherheit und Tierschutz

Im Zusammenhang mit den besorgniserregenden Todesfällen und Infektionen im Rahmen des jüngsten Ausbruchs der Vogelgrippe, gewinnt ein Faktor immer mehr an Aufmerksamkeit: das Wohlergehen der Tiere.

Vietnamesische Wissenschaftler hatten im vergangenen Jahr berichtet, dass der Vogelgrippevirus, bei einer hohen Dichte von gemeinsam gehaltenen Hühnern und Schweinen, in dem Wirtskörper eines Schweins mutieren könne und auf Menschen übertragbar wird.

In einem anderen Fall, wurde im Juli bei einem Ausbruch der Schweinepest in der südwestchinesischen Provinz Sichuan eine direkte Verbindung zu den schlechten Zuchtbedingungen der Schweine hergestellt.

Die primitiven Methoden, mit denen Bauern ihr Vieh züchten, sind nicht der einzige Faktor, der Tiere und Menschen für Krankheiten anfällig macht. Außerdem, meinen Experten, könne auch durch die schlechte Behandlung von Tieren die menschliche Gesundheit gefährdet werden.

"Alle Ausbrüche von Epidemien in den letzten Jahren sind im Grunde eine Frage des Wohlergehens der Tiere", sagt Zhang Li, Professor an der Fakultät für Life Sciences der Beijinger pädagogischen Universität.

Die schlechte Behandlung von Vieh und Geflügel führe zu einer Verschlechterung ihrer Immunität. In der Folge müssen die Bauern große Mengen Antibiotika anwenden, um Krankheiten zu vermeiden.

Die Gier nach schnell verdientem Geld hat zu einer Zunahme von schlechter Behandlung von Vieh und Geflügel geführt, wodurch die menschliche Gesundheit gefährdet wird. Aber nicht nur die öffentliche Gesundheit ist in Gefahr, sondern auch die Wirtschaft leidet.

Vor einigen Jahren hat der Rinderwahnsinn in Großbritannien zu Handelsverlusten von über 8 Milliarden US-Dollar geführt. In den Jahren 2001 bis 2003 kam es in Europa zu Ausbrüchen der Maul und Klauenseuche, in deren Folge fast 1 Million Stück Vieh geschlachtet werden mussten und die Züchter Milliarden von Dollar an Einbußen erlitten.

Die Suche nach den Ursachen

Die moderne Tierzucht versorgt die Menschen zwar einerseits mit vielen verschiedenen Proteinen, aber andererseits ist die Öffentlichkeit zunehmend über Lebensmittelsicherheit besorgt. Die diesjährige Vogelgrippeepidemie hat derartige Besorgnisse zweifellos weltweit gefördert.

Die zunehmende Nachfrage nach Fleisch in China, erfordert besondere Aufmerksamkeit bezüglich der Verbindung von Lebensmittelsicherheit und dem Tierschutz. Daher ist der Schutz des Wohlergehens von Geflügel und Vieh zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit nun auf die Tagesordnung gesetzt worden. Wie wichtig dies ist, wird zum Beispiel aus dem jüngsten Ausbruch der Schweinepest ersichtlich, bei der 204 Infektionen von Menschen bekannt geworden sind und rund 40 Personen an der Schweinekrankheit verstarben.

Von den Ausbrüchen der Vogelgrippe seit 2004 wurden 16 Länder und Regionen betroffen, mindestens 384.000 Stück Vögel und Geflügel wurden infiziert und über 140 Millionen wurden notgeschlachtet.

Viele Wissenschaftler sehen die primitiven Methoden, mit denen Züchter in China und Vietnam ihr Geflügel und ihre Schweine züchten, kritisch. Sie empfehlen, dass die Züchter ihre Methoden modernisieren sollten.

Zhang ist allerdings auch der Überzeugung, dass die industriell betriebene Zucht von Geflügel und Vieh zu kritisieren sei. Er argumentiert, dass die Aufzucht von Vieh und Geflügel auf engem Raum eine schnelle und massenhafte Verbreitung einer Krankheit ermögliche, während die verstreute Zucht auf dem Land den Ausbruch einer Epidemie weniger wahrscheinlich mache.

Besonders wenn die Züchter schnelles Geld verdienen wollen und daher das Wohlergehen der Tiere vernachlässigen, sei das Risiko des Ausbruchs einer Epidemie hoch.

Tierschutz

Laut Mang Ping, Professorin an der Akademie für soziale Kultur und eine der frühesten Verfechterinnen von Tierschutz in China, sagt, internationale wissenschaftliche Empfehlungen für Tierschutz würden fünf Grundvoraussetzungen umfassen: angemessene Versorgung mit Futter und Wasser, angemessene Unterkunft, die Vorbeugung oder schnelle Diagnose und Behandlung von Verletzungen und Krankheiten, Angstfreiheit und die Möglichkeit, den normalen Verhaltensmustern nachgehen zu können.

"Wenn Menschen nicht die grundlegendsten Bedürfnisse der Tiere befriedigen, dann misshandeln sie sie in der Tat. Aber diese Bedürfnisse sind eigentlich nicht schwer zu befriedigen", sagt Mang. Mang ist außerdem Mitglied des Vorstandes von Friends of Nature, einer chinesischen Umweltschutzorganisation.

Die Idee des Tierschutzes habe lange in der chinesischen Kultur existiert, sagt Mang. "Sei es die Idee der Nächstenliebe im Konfuzianismus oder die Tradition des Schutzes und des Respekts vor lebenden Dingen im Buddhismus und im Taoismus, überall werden Tiere gut behandelt", erklärt Mang.

Aber durch die Unterminierung der chinesischen Kultur in den letzten Jahrzehnten und das Fehlen eines Tierschutzgesetzes, seien besonders Tiere in Großzuchtbetrieben von Verletzungen und Krankheiten durch Misshandlung gefährdet.

Mit dem zunehmenden Wohlstand in China steigt auch die Nachfrage nach Fleisch immer mehr an. Fleischproduktion und -konsum nehmen stark zu. Statistiken zeigen, dass in China im Jahr 2004 600 Millionen Schweine, 300 Millionen Schafe, 50 Millionen Rinder und 1,2 Milliarden Stück Geflügel gezüchtet wurden. Weltweit standen die chinesische Schweine- und Schafzucht damit an erster, die Geflügelzucht an zweiter und die Rinderzucht an dritter Stelle.

Auch die Zuchtmethoden ändern sich schnell. Anstelle von Millionen von Einzelpersonen, die in ihrem Hinterhof ein oder zwei Schweine großziehen, haben sich kommerzielle Schweinezüchter etabliert, die Tausende von Schweinen halten.

Ein weiteres Problem der industriellen Tierhaltung ist, dass die Tiere dort nach Gesichtspunkten wie schnelles Wachstum oder intensive Milch- oder Eierproduktion gezüchtet werden. Außerdem werden sie entweder in Isolation oder in überfüllten Ställen gehalten, oft mit einer unnatürlichen Diät ernährt und häufig daran gehindert, ihrem natürlichen Verhalten nachzugehen.

Werden die Tiere zwischen verschiedenen Orten transportiert, verbringen sie oft Tage zusammengepfercht und der Sonne ausgesetzt auf LKWs. Verletzungen, die aus diesen Transportbedingungen und der mit ihnen verbundenen Wasserknappheit resultieren, treten häufig auf. „Ihre Leben sind wahrhaft qualvolle Leben“, meint Mang.

Tierquälereien entstehen oft aus der Gier nach schnellem Geld. So sind zum Beispiel mit Wasser aufgepumpte Schweine ein ernsthaftes Problem für die öffentliche Gesundheit. Illegale Schweinehändler pumpen Wasser in die Körper lebender Schweine, um so deren Gewicht zu erhöhen. Derartige Praktiken verursachen bei den Schweinen enorme Qualen, erklärt Zhang, die dazu führen können, dass die Tiere Sekrete absondern, die der Gesundheit des Menschen schaden.

Bisher gibt es in China noch kein eigenes Tierschutzgesetz, aber einige Prinzipien des Tierschutzes werden mittlerweile von anderen Gesetzen und Bestimmungen mit abgedeckt.

Gegenwärtig wird ein neues Gesetz über Viehzucht entworfen und das bestehende Gesetz zur Prävention von Epidemien unter Tieren überarbeitet, um das Wohlergehen von Geflügel und Vieh während des Transport- und Schlachtprozesses sicherzustellen.

Die Stadt Beijing hat kürzlich eine neue Bestimmung angeregt, nach der Schweine vor ihrer Schlachtung betäubt werden müssen.

Außerdem überarbeitet das Ministerium für Wissenschaft und Technik zurzeit die Bestimmung über den Umgang mit Labortieren, zu der ein Absatz über den Schutz von Labortieren hinzugefügt wird.

In dem neuen Absatz über Tierschutz wird festgelegt, dass Wissenschaftler Kenntnisse des Schutzes von Labortieren haben und ihre Praxis bei Tierversuchen entsprechend anpassen müssen.

Auch sollten die Wissenschaftler den Versuchsaufbau so anpassen, dass den Labortieren jeder mögliche Schmerz erspart wird.

"Da Tierversuche ein grundlegender Bestandteil der wissenschaftlichen Forschung sind, besonders bei Versuchen mit Arzneimitteln, können wir nur die Anzahl der verwendeten Subjekte reduzieren, indem wir die Wiederholung von Experimenten vermeiden und die Menge der Informationen maximieren, die von einem Subjekt gewonnen wird", sagt He Zhengming, stellvertretender Sekretär des Parteikomitees der chinesischen Akademie für Labortiere, der in den letzten Jahren für die Schaffung von Gesetzen zum Schutz von Labortieren eingetreten ist.

In westlichen Ländern bewerten Ethikkomitees, ob dem Tierschutz im Rahmen eines Experiments Genüge geleistet wurde. Nur wenn Versuche diesen Ansprüchen gerecht werden, können ihre Ergebnisse von akademischen Zeitschriften zur Veröffentlichung angenommen werden.

Der Schutz von Labortieren könnte für mehr internationale Anerkennung für chinesische Wissenschaftler sorgen, meint He.

(China.org.cn, China Daily, 13. Dezember 2005)